Waren erste Versuche noch zaghaft, so sah man doch den Willen. Erste Agitatoren sprachen bereits von einem Triumph des Willens, andere und dies scheint auch zutreffender, hielten die Aktionen schlicht für Unfug. So wurde versucht, mittels einer Wildfütterung, entsprechende Beute anzulocken. Nein hier wurden nicht Kastanien gestreut. Wer Wildschweine jagte, hätte dies versucht, doch hier flogen reihenweise Döner, noch in Alufolie, aus den fahrenden Autos. Der Köder sollte der Beute schmecken, nicht dem Jäger*.
Fortan freuten sich die Reporter der hiesigen Zeitung wieder über Nachrichten und ernsthafte Schlagzeilen. So titelten die Blätter wild drauf los: “Umweltvandalen!” oder “Dönerdreck!”. Die Reportagen überschlugen sich mit unwichtigen Details wie der Zusammensetzung, Interviews mit den Anwohnern, besorgten Eltern: “Was wenn mein Kind das isst?”, und auch den so genannten Terrorexperten, die einen terroristischen Anschlag einer baskisch-buddhistischen Terrorzelle nicht ausschließen wollten, wurden ganze Seiten gewidmet. Kurzum ein frischer Wind wehte durch die Redaktion. Kein Wunder, seitdem nach der Zunahme rechtsextremer Übergriffe erst die örtliche Polizeidienststelle und kurz darauf das Asylantenheim geschlossen wurden. An ersterer Aktion war der Bürgermeister aktiv beteiligt, nachdem man Schaden von der Gemeinde fernhalten wollte, als die Anzahl rechtsradikaler Übergriffe bereits überregional bekannt zu werden drohte und eigentlich nicht mehr schön zu reden war.
Das Verschwinden des Asylantenheimes hingegen wurde wohlwollend zur Kenntnis genommen, auch wenn keiner genau wusste und wissen wollte weshalb. Dies gefiel nicht allen, und bringt uns wieder zum Anfang dieser Geschichte. Wo Frieden einzieht fehlt das Abenteuer, und dies, das war beschlossene Sache, musste sich ändern.
Auch freuten sich einige Fiffies und Brutuse über die gefüllte Fladenbrotaktion. Die Besitzer weniger, die mit den nun zu durchfallneigenden Trethupen und Minenlegern, gesegnet waren. Aber wer seinen Anhang überall sein Geschäft verrichten lässt, dem sei das auch in der eigenen Behausung vergönnt**.
Weitere Aktionen, wie eine Fladenbrotfutterstelle, verliefen nicht brotlos, dafür aber erfolglos. Kurzum die ersten Aktionen waren vergebens. Auch das streuen von Hirse***, Feta und Oliven verfehlte die erwünschte Wirkung. Es war deprimierend, quasi zum Haare raufen, wenn auch nur sinnbildlich.
Die Kräfte wurden weniger, und der Erfolg stellte sich nicht ein. So sehr auch gehofft wurde. Es war die Zeit zu werden, oder zu vergehen. Nocheinmal, alle Kräfte aufbietend, wurden die Resginierten aus den Strickkreisen gerissen und die Briefmarkensammler aus den Stuben getrieben. Als schließlich im Angesicht der untergehenden Sonne, die letzten auf der Wiese am See ankamen, brannte bereits ein Feuer meterhoch, um die nun folgenden Szenen mit Pathos zu untermalen. Malte, ein guter Freund Aarons, sprang auf die Motorhaube eines der parkenden Autos, hinter ihm die untergehende Sonne, die alles in Rot tauchte, vor ihm die Menge. Früher waren sie viele gewesen, zuletzt nur wenige, doch hier und jetzt waren sie wieder in alter Stärke vertreten. Wenn dies scheitern sollte, ein letztesmal, wie er vermutete. Doch war er sich siegesgewiss. Und er hielt eine Rede. Flammend, hell erleuchtet durch den Schein des Feuers, erzählte er von alten Zeiten, Zusammenhalt, Nervenkitzel, Kameradschaft, der gemeinsamen Jagd, und schloß scheinbar mit der Frage, ob dies vorbei sein sollte…
Sie hatten gebannt gelauscht, und verfielen mit strahlenden Augen, an das vergangene, in lautes lamentieren. Doch das Feuer war geweck. Es glimmte nicht nur, es brach hervor, ergriff Scheit um Scheit, und leuchtete hell in die Nacht. Nach jedem Ästchen griffen die Flämchen, erst zaghaft, dann schneller und man hörte ein zischen und knacken. Es schien als ginge ein Tosen durch den Wald, gefolgt von einer gespenstischen Ruhe. Alle Blicke ruhten auf Malte. Scheinbar unbeteiligt saß er gebeugt auf der Motorhaube, und blickte in die Runde. Er fragte: “Seid ihr bereit Opfer zu bringen?” Und ja sie waren es, keiner konnte mehr nein sagen und so weihte er die Anwesenden in seinen Plan ein. Verwegen und kühn, vermutlich zum Scheitern verurteilt, doch waren sie sich einig, es versuchen zu wollen. Koste es was es wolle. Wer wollte schon als Briefmarkensammler alt werden.
Malte war noch einer der wenigen glücklichen gewesen, der nach unzähligen Ermahnungen vor dem Jugendgericht, zu einer Maßnahme verdonnert wurde, was ihn im Dorf fast schon in den Adelsstand hievte. Nun er musste 200 Stunden in einer sozialen Einrichtung für die Integration von Ausländern zubringen. Nicht sonderlich angetan, trat er den Dienst an, so hatte er doch zumindest auf eine Freiheitsstrafe gehofft und auch sein Strafverteidiger konnte ihn auch nur mühsam vor einer Ermahnung und einem Freispruch retten. Doch bereits nach kurzer Zeit, begann er zu verstehen und zu lernen. Und es reifte ein Plan. Nein, nicht ein Plan, der Plan.
Bereits am nächsten Tag setzten erste den Plan in die Tat um. Mechanikerausbildungen wurden abgebrochen. Maschinenbaustudenten und Informatiker wechselten zu Studiengängen wie Sozialpädagogik, und auch Fächer wie Spezialpäderastik schienen nicht zu abwegig zu sein, für ein Nebenfach. Die einst so geschmähte Stelle des Sozialarbeiters konnte sich vor Bewerbern kaum retten. Überall gab es Streetworker. Bereits eine Woche später gab es ein Komitee für die Ausrichtung eines Fests der Kulturen. Die Alteingesessenen wusten nicht mehr wie ihnen geschah. Die Lokalpolitik wurde förmlich überrannt und reagierte nur noch mit der Einstellung von ganzen fünf Ausländerbeauftragten. Auch wenn ihr Aufgabengebiet völlig fehlte.
Auch die letzten Zweifler wurden ruhiggestellt oder eingeweiht und jeder wollte mit helfen. “Der Jugend eine Chance geben” ertönte es überall und hinter vorgehaltener Hand, wurde dieser Plan, als wahnsinnig, bezeichnet. Aber ungewöhnliche Probleme erfordern radikale Maßnahmen.
Die Jägerschaft, gut informiert, lachte, wohlwissend was dort pasierte und half nach Kräften mit. Auch revanchierte sich die Jugend gerne bei ihnen und half, wenn Hilfe gebraucht war.
Einer der nicht involvierten war der Bürgermeister. Schon sah man ihn vor der Presse mit den Worten:”Das war früher so, aber heute ist das ganz anders. Wir sind tollerant****”. Auch die große Politik griff dieses Thema auf, und zeigte sich gern im Dorf und förderte jedwede Veranstalltung, egal ob “Angeln für Kenia” oder “Ein Zeichen für Toleranz”. Alle Veranstalltunge gingen einher mit Unmengen von Alkohol und Grillgut, und der Tatsache, dass man sich zur fortgeschrittenen Stunde nicht mehr sicher war, weshalb heute schon wieder gegrillt und getrunken wurde.
Auch der eine oder andere Vegetarier griff nach der dritten oder vierten Flasche Bier zu Wurst und Schnitzel. Und so mancher Jäger nahm den verlorengegangen Sohn wieder in die Arme um gemeinsam Hirsch und Reh nachzustellen. Aber auch die Jäger, die auf andere Beute lauerten, sollten nicht enttäuscht werden.
Als das Land angewiesen wurde, man müsse Asylanten und so Andere aufnehmen, und alles wehren nichts mehr half, so war man sich doch einig wohin, die Infrastruktur stand ja noch. Froh leuchteten die Augen, als die Kunde bekannt wurde. Bald schon häuften sich die Klagen, doch wo keine Polizei, da keine Anzeige und bei diesen Sozialarbeitern will der geneigte Leser nicht wirklich glauben, dass eine Beschwerde, in einen andere Ablage als die Ablage*****, rund, ungelocht kam. Die Lokalpresse und auch die Lokalpolitik wollten nicht im schlechten Licht erscheinen und betonten das schöne Leben und den Wirtschaftsstandort.
Das Glück war vollkommen******. Und wenn heute ein Jäger einen Sozialpädagogen, hier auf der Straße trifft, so schallt es “Waidmanns Heil” und der Sozialpädagoge wird antworten mit “Waidmanns Dank”.
*An dieser Stelle sind Diskussionen über das mit dem Elektrorasierer geschnitte Fleisch und die restliche Qualität dieses Produktes durchaus möglich. Auch sei die Frage erlaubt, wann das Gesundheitsamt auf den Plan tritt und ob man mit diesen Produkten besser wirft oder doch Ratten vergiftet, von essen kann in mancher deutschen Großstadt nicht ernsthaft die Rede sein. Es gibt rühmliche Ausnahmen. Bis diese gefunden wurden oder werden, gehen doch einige Lebensmittelvergiftungen ins Land.
**Der Autor lässt seine bessere Hälfte ja auch nicht an jeden Gartenzaun…. ja das gehört jetzt nicht hierher, trotzdem gibt es dem Autor eine moralische Überlegenheit.
***Wer außer Ökomüttern hält Hirse eigentlich für ein Lebensmittel? Fremde Zungen behaupten, dies wäre ein mütterliches Zeichen an den Nachwuchs, ihr in Zukunft das schäbigste Altersheim, in der hintersten Walachei, auszusuchen. Der Autor meint, dies könnte auch durch Volkornnudeln oder Löwenzahnsalat gezeigt werden. Hierbei ist es möglich, dass für das gleiche Signal, unterschiedliche Gerichte genutzt werden können. Auf jedenfall, da sind sich die Experten einig, verbietet sich nach Einlieferung jeder Kontakt.
****Dies ist ein Rechtschreibfehler, bösartige Zungen könnten hier eine Ähnlichkeit zu Tollwut sehen, was den geistigen Verwirrungs- und Eregtheitsgrad des Bürgermeisters sicher gut beschreibt.
*****schöne Umschreibung für Papierkorb.
******Ja manche mögen nun fragen, was ist mit den Asylanten: Nun jedem kann man es wohl nicht recht machen.